In Indien suchen die Eltern die Braut für ihren Sohn. Oder umgekehrt. So verlangt es die gottgewollte Ordnung. Paare werden im Himmel zusammen gestellt und auf Erden von ihren Eltern zusammen geführt. Mehr als 90 Prozent aller indischen Ehen werden so geschlossen. Anders wäre es auch kaum möglich, das Kastensystem zu bewahren, denn es ist fraglich, ob die romantische Liebe immer ausgerechnet in den eigenen "family background" fallen würde. Nun aber gibt es im Subkontinent, der die höchste Zahl an Software-Technikern hervorbringt, einen zusätzlichen Weg für Eltern, an Bräute zu kommen: Trara - das Internet. Würde es das WWW noch nicht geben, wäre es vermutlich allein schon für diesen Zweck erfunden worden: die Heiratsbörse.

Was daran aber wirklich aufregend ist - das liest man aus den "Success Storys": Es ist eine Art Umgehung der streng arrangierten Ehe. Während im komplett traditionellen Set up sich die Paare oft erst am Tag der Eheschließung begegnen, können sie sich online erstmal virtuell betasten. Mails schreiben, telefonieren, chatten, und sich vielleicht sogar mal treffen. Selbstredend lohnt sich für den europäischen Ethno-Voyeur auch ein Blick in die Profile: Dort gibt es genaue Angaben zu Wohnort, Staatsbürgerschaft, Religion, Vegetarismus und natürlich Kaste und Unterkaste.

Auch in den arabischen Ländern wird die strikte Geschlechtertrennung durch das Internet durchbrochen. Arabische Teenies rüschen sich für den Chat über MSN Messenger eigens auf, stylen die Haare mit Gel und ziehen sich was fesches an, um dann mit kichernden "Girls" in Beirut oder Kairo mit Webcam zu plaudern. Kaum ein arabisches Internetcafe kommt ohne Cam und Headset aus. Wofür wohl? Klar: Flirten, flirten, flirten. Wohin das führen wird? Ich nehme an, zur Verbreitung der Idee der romantischen Liebe auch im arabischen Raum. Zur Entmachtung der Eltern und der Familie bei der Wahl des Lebenspartners.

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